Die Selbstverständlichkeit des eigenen Körpers und das Vergessen des Spürens

Spür mal deinen Körper.


Meinen Körper spüren? Was soll das eigentlich bedeuten? Ja, ich weiß, der ist da. Da unten unter meinem Kopf, da ist er. Der läuft halt im Alltag so mit. Aber warum sollte ich den denn spüren und wie geht das eigentlich?

Ich merke ihn halt, wenn mich mal wieder meine Verspannungen quälen, wenn ich Schmerzen habe, wenn ich krank bin, wenn ich mich stoße, wenn ich beim Sport schwitze, was übrigens irgendwie ekelig ist, wenn ich durch Stress Druck im Brustraum spüre, wenn er schlapp und müde ist. Ganz schön nervig, dass ich das spüre. Ich könnte auch gerne darauf verzichten.


Und was nimmst du sonst noch so in deinem Körper wahr?


Was soll ich da wahrnehmen? Mhhh, nur das! Ich verstehe gar nicht so genau, was du mich da fragst, auch wenn ich die Frage analysiere und zerdenke.


Spannend, du zerdenkst die Frage nach, was du in deinem Körper fühlst?

Schon einmal versucht einfach zu fühlen, was da ist?

Das bedeutet laut deinen Beschreibungen, du nimmst deinen Körper nur war, wenn du Schmerzen hast, wenn er krank oder verspannt ist? Du fühlst ihn, wenn du ihn antreibst, forderst und/oder ihn ablehnst?

Magst du deinen Körper eigentlich? Schätzt du ihn und das was er jeden Tag für dich tut wert?


Was da ist? Was soll denn da sein. Ich habe 2 Beine, Arme, Füße, halt eben einen Körper. Das ist doch ganz normal. Was soll ich denn da wertschätzen, der funktioniert halt. 

Und warum sollte ich ihn wertschätzen, ganz zu schweigen von ihn mögen. Ich sehe jetzt nicht gerade aus, wie die Modell auf den Zeitschriften oder diese schlanken, trainierten Yogalehrerinnen bei Instagram, die sich in alle Richtungen verbiegen können. Wirklich mögen tue ich meinen Körper nicht, manchmal schäme ich mich sogar für ihn, weil er nicht perfekt ist, wie er sein sollte. Und um ihn kümmern tue ich mich auch nicht. Das Wichtigste ist, dass mein Kopf funktioniert und ich meinen Job und alle to dos machen kann.


Dieser fiktive Dialog könnte jetzt sicherlich noch um einiges so weitergehen.

Aber was mir bewusst geworden ist in meinen Jahren der Selbsterfahrung und des eignen persönlichen Wachsens, in meinen Begegnungen mit Menschen, Weiterbildungen und beim Yogaunterrichten: wenn er eins nicht ist, dann fiktiv.

Hätte man mich selbst vor 10 Jahren nach meinem Körper gefragt, wie ich zu mir stehe und ob ich ihn spüre, dann wäre dieser Dialog sicherlich ähnlich ausgefallen. 

Wenn ich mich in unserer Gesellschaft, in meinem Beruf so umschaue, dann wird mir schnell deutlich, dass der Körper immer wieder einfach vergessen, sogar massiv abgelehnt wird, weil er nicht einem bestimmten unrealistisch perfekten Körper wie in der Medienwelt entspricht. Oftmals nehmen wir ihn erst war, wenn er zum Schmerzkörper geworden ist oder in der Irritation und Angst, wenn er nicht funktioniert und wir nicht mehr unser alltäglich angeblich normales Pensum leisten und bewältigen können. Schnell folgt dann oben drauf noch eine Verurteilung des eigenen Körpers. Das aber die Körperwahrnehmung und das sich um ihn kümmern, schon weit aus früher einsetzt/einsetzen muss, damit er nicht zum Schmerzkörper wird, darüber entsteht in unserer Gesellschaft erst langsam vor allem bei der jüngeren Generation ein Bewusstsein.

Wir haben Vergessen beziehungsweise wurde uns nie beigebracht, dass der Körper egal in welcher Form ein wahrhaftes Geschenk ist, welches selbstverständlich umsorgt werden sollte. So wie wir ab dem Kindergarten lernen, unseren Kopf zu trainieren, mit Wissen zu erweitern, zu denken und zu analysieren, bin ich fest der Meinung, dass wir auch lernen sollten, einen gesunden Umgang und ein liebevolles Verständnis für unseren Körper aufzubauen. Das Eine ist dabei sicherlich eine gewisse Grundkenntnis, wie der Körper und gewisse Körperfunktionen aufgebaut sind und ablaufen. Oftmals haben wir gar nicht gelernt zu Erkennen und Wertschätzung, was unser Körper jeden Tag für uns tut, was wir als absolut selbstverständlich erachten. Dass wir jeden Tag aufstehen können, unsere Füße und Beine uns Tragen, dass wir selbstverständlich Essen kauen und im Körper verarbeiten können und noch so vieles mehr. 


Das Andere, was eventuell noch wertvoller ist, den eigenen Körper beginnen zu empfinden. Und damit sind nicht Schmerzen oder Verspannungen gemeint. Wie alltäglich ist es, dass bei der Frage, wie es uns und unserem Körper geht, wir ins pure Denken kommen. Anstatt uns einen Moment für uns zu nehmen und einmal in uns zu nachspüren und ins reine Sein zu gehen.

Ihn zu spüren kann so vieles bedeuten:

- wie die Atmung in unserem ganzen Körper fließt, vibriert,

- den Herzschlag,

- unsere Muskeln

- Körpertemperatur

- Organe/Körperteile

- Weichheit/ Schwere/Unterschiede

- und vor allem, wie wir uns körperlich überhaupt fühlen und welche Signale unser Körper uns darüber schickt, ob es uns in diesem Moment eigentlich gut geht oder nicht, wir uns in unserem Leben, bei Entscheidungen mit uns selbst und in der Interaktion mit anderen Menschen spüren. Dabei ist spannend zu wissen, dass unterschieden werden muss zwischen der Emotion, welche rein körperlich stattfindet und eine bloße Reaktion des Körpers (Nervensystems) auf eingehende Empfindungen sind (Enge, Weite, Wärme, Zwicken etc.) und dem Gefühl, welches eine anschließende kognitive Deutung der körperlichen Emotion ist. Somit interpretiere ich die rein körperliche Emotion (Traurigkeit, Freude etc.).


Darüber hinaus wäre es wundervoll, wenn es mehr zur Selbstverständlichkeit wird, seinem Körper Gutes zu tun und ihn zu pflegen. Wir pflegen unseren Geist aber unseren Körper nur sehr selten oder in ganz unregelmäßigen Abständen. Mit Pflege ist hier nicht die Körperpflege gemeint, sondern u.a. Körperanwendungen, wie Massagen, Sauna, Akupunktur, Reiki etc.


Doch bleibt die Frage, warum wir wieder mehr ins Spüren kommen sollten:

In einem nächsten Beitrag werde ich darauf eingehen, was passiert wenn wir uns spüren und was es dabei mit dem neuronalen Nervensystem auf sich hat.


#nesc #achtsam #embodiement #yoga #selbstliebe #akzeptanz

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