tiefe Entspannung mit yoga Nidra

„Es ist irgendwie wie ein Kopf-Detox.“

Mit diesen Worten beschrieb eine Schülerin von mir ihre persönliche Erfahrung mit dem Yoga Nidra. Ich finde die Beschreibung für mich sehr passend und habe mir vorgenommen, den Satz einmal weiterzugeben… et voilà!

Was ist eigentlich Yoga Nidra?

Nidra“ übersetzt aus dem Sanskrit bedeutet „Schlaf“, genau genommen ist Yoga Nidra also „der yogische Schlaf“. Auf inhaltlicher Ebene kann man es auch mit „die glückliche Entspannung“ übersetzen. Yoga Nidra wurde von einem Mönch (zu Sanskrit: swami) begründet und 1974 veröffentlicht. Der Swami Satyananda Saraswati beschreibt es in seinem Buch mit folgenden Worten:

„Die meisten Menschen schlafen,

ohne ihre Spannungen vorher zu lösen.

Das nennt man Nidra.

Nidra bedeutet Schlaf, egal wie.

Yoga Nidra aber ist der Schlaf,

nachdem alle Lasten entfernt wurden.

Es ist eine völlig andere und neue Qualität.“

Yoga Nidra ist eine Technik zur tiefen Entspannung, quasi eine Art der Meditation im Liegen. Der Mönch setzte verschiedene Techniken aus alten tantrischen Schriften zu einer Sequenz zusammen, die heutzutage immer noch so (oder in einer abgewandelten Form) praktiziert wird. Die Abfolge beinhaltet verschiedene Stufen: Neben der Lenkung der Aufmerksamkeit durch den Körper (das sogenannte Körperkreisen oder auch nyasa)sind Atemarbeit, das Setzen von Affirmationen (sankalpas), das Erfahren verschiedener Gefühle und das Visualisieren von inneren Bildern Teil von Yoga Nidra.

Swami Satyananda Saraswati hat in Versuchen mit seinen Yogaschüler*innen die Beobachtung gemacht, dass Menschen Sprachen und Texte über Nacht lernen können, während sie schlafen. So las er den Schlafenden etwas vor und ließ sie das in der Nacht Vorgelesene am Morgen nach dem Aufwachen selbst einmal lesen. Häufig erinnerten sie sich daran. Zudem konnten sie das Vorgelesene sehr schnell lernen und verinnerlichen. Wissenschaftlich fundiert waren diese Studien des Swamis gewiss nicht, doch seine Erfahrungen mit einzelnen Personen finde ich sehr spannend. Mittlerweile gibt es jedoch auch einige wissenschaftliche Studien, die Yoga Nidra im Zusammenhang mit u.a. Schlaf, Selbstwert, Körperbild und psychischen Störungen untersuchen. (Anm.: Eine beispielhafte Studie findest du in den Quellen am Ende.)

Wofür Yoga Nidra?

In der Beschreibung meiner Weiterbildung in Yoga Nidra hieß es in etwa so: „In der Welt braucht es mehr Yoga Nidra denn je“. Ich hatte in meiner Ausbildung zur Yogalehrerin erstmals das Glück, Yoga Nidra selbst zu erfahren. Danach fühlte ich mich frisch, voller neuer Energie, mein Kopf war klar und ich war gleichzeitig ruhig und entspannt. Die Erfahrung ist mir bis heute in fester Erinnerung als – ich vermag es nicht anders zu beschreiben – „magischer“ Moment. Dass es gut tut, Yoga Nidra zu praktizieren, konnte ich also aus eigener Erfahrung heraus unterschreiben und ich war gespannt, zu lernen, wie ich die Praxis gut weitervermitteln könnte.

In der Schnelllebigkeit unserer Alltage, in all dem Trubel, der um uns herum herrscht, kann es schnell passieren, dass wir vergessen (oder es schlicht nicht schaffen) innezuhalten, etwas zu genießen oder uns zu fragen, wie es uns überhaupt gerade in diesem Moment geht. Yoga Nidra kann eine Technik sein, mit deren Hilfe man zu mehr Entspannung findet. Es wird pratyahara – ein Zurückziehen der Sinne – angestrebt, was wir auch in der Meditation erreichen wollen. Die Aufmerksamkeit wird immer mehr ins Innen gelenkt hin zu tiefer, klarer Bewusstheit. Zum Ende der Praxis wird man Schritt für Schritt wieder ins Außen geführt.

Wie wirkt Yoga Nidra?

Der erste Teil der Yoga Nidra-Sequenz, das Schicken der Aufmerksamkeit durch den Körper, soll dem Körper helfen, sich zu entspannen. Diese Technik des Bewusstwerdens der einzelnen Körperteile wird auch häufig in der Meditation und als Tiefenentspannung z.B. am Ende einer Yogastunde eingesetzt.

Von mehreren meiner Yogalehrer*innen habe ich nun schon gehört, dass das Praktizieren von Yoga Nidra für etwa eine halbe Stunde so erholsam wie zwei Stunden Schlaf (oder mehr) sein soll. Wie faszinierend und praktisch in einer Welt, in der (guter) Schlaf häufig Mangelware zu sein scheint. Wenn man Yoga Nidra praktiziert, verändert sich die Gehirnwellenaktivität. Man unterscheidet verschiedene Frequenzen an Gehirnwellen. Besondere Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang den Alpha- und den Theta-Wellen zu: Beides sind Zustände, die sowohl im Yoga Nidra als auch in der Meditation auftreten können. Die Alpha-Wellen sind aktiv, wenn wir wach, aber entspannt sind, und z.B. die Augen geschlossen haben. Befinden wir uns im Zustand der Theta-Wellenaktivität, gleicht dieser leichtem Schlaf und sehr tiefer Entspannung. Hier finden wir also eine mögliche Erklärung für das starke Gefühl von Erholung nach dem Yoga Nidra.

How to Yoga Nidra

Das Schöne ist (wie ja auch generell beim Yoga): Jede*r kann Yoga Nidra machen. Klassischerweise liegt man während der Anleitung auf dem Rücken. In Savasana, der Rückenlage, fließt die Energie besonders gut durch den Körper, er wird durchlässig und man kann meist körperlich gut entspannen. (Anm.: Weiterführende Informationen zu Savasana findest du in einem älteren Blogbeitrag des Stubenschnacks.) Je nach körperlicher Konstitution kann man währenddessen jedoch auch sitzen oder anderweitige Abwandlungen in der Haltung vornehmen. Hauptsache, es ist angenehm auszuhalten für die Dauer des Yoga Nidra. Hilfsmittel wie Decken und Kissen erleichtern das Finden einer angenehmen Position. Während der Sitzung gilt es, einfach ruhig zu sein und der Stimme und den Anweisungen der anleitenden Person zu folgen.

Das, was vielen Yoga Nidra Praktizierenden anfangs schwer fällt, ist, währenddessen wach zu bleiben. Auf der einen Seite ist ein Einschlafen überhaupt nicht schlimm. Denn auch wenn wir schlafen, erreichen uns die angeleiteten Worte über unseren auditiven Sinn. Ein verkrampftes Nicht-Einschlafen-Wollen würde zudem der gewünschten und förderlichen Entspannung entgegenwirken. Also: Genieße deinen wohligen Yoga Nidra-Nap. Andererseits sollten wir jedes Mal erneut versuchen, wach zu bleiben, um irgendwann einmal ganz bewusst in diesen besonderen Zustand zwischen Schlafen und Wachen zu gleiten und den yogischen Schlaf zu erleben. Hierbei können die in die Anleitung eingebauten Sätze „Sage dir innerlich: Ich bin wach. Ich bin aufmerksam. Ich bin bewusst.“ unterstützen.


Quellen und als weiterführende Literatur bei Interesse:

Ozdemir, Ahmet & Saritas, Serdar. Effect of yoga nidra on the self-esteem and body image of burn patients. Complement Ther Clin Pract. (2019), 35:86-91. doi: 10.1016/j.ctcp.2019.02.002.

Swami Satyananda Saraswati, Yoga Nidra (2009). Yoga Publications Trust.

Zurück
Zurück

#Yogamom - Patanjalis Elternratgeber: In acht Schritten zum Erfolg (Teil2)

Weiter
Weiter

YIN UND YANG im Schnellüberblick