Patanjali to go - Aparigraha
Aparigraha und Minimalismus – Warum weniger wirklich mehr ist
Minimalismus klingt für viele nach sterilen weißen Wänden, einer Kleiderauswahl von exakt fünf Shirts und der radikalen Entscheidung, nur noch mit einem Rucksack durch das Leben zu ziehen. Klingt ein bisschen extrem? Muss es gar nicht sein! Tatsächlich geht es beim Minimalismus – genau wie beim yogischen Prinzip Aparigraha – nicht darum, sich selbst zu bestrafen, sondern sich bewusst von Dingen, Gewohnheiten und Gedanken zu befreien, die mehr Ballast als Nutzen sind.
Was bedeutet Aparigraha eigentlich?
Aparigraha ist eines der fünf Yamas im Yoga, also eine ethische Richtlinie für ein bewusstes Leben. Wörtlich übersetzt bedeutet es "Nicht-Anhaften" oder "Nicht-Besitzen-Wollen". Es geht darum, nicht mehr festzuhalten als das, was man wirklich braucht – und das betrifft nicht nur materielle Dinge, sondern auch Emotionen, Gewohnheiten und Erwartungen.
Kurz gesagt: Aparigraha erinnert uns daran, dass das endlose Streben nach mehr oft nur dazu führt, dass wir uns innerlich schwerer statt freier fühlen. Und genau hier kommt der Minimalismus ins Spiel.
Entrümpeln – nicht nur im Kleiderschrank
Viele von uns haben mehr Dinge, als sie eigentlich brauchen. Der Schrank ist voll mit Klamotten, von denen die Hälfte seit Jahren nicht getragen wurde, in der Küchenschublade türmen sich alte Kassenbons, und irgendwo verstauben Dinge, die wir "vielleicht irgendwann mal" brauchen könnten. Das Problem? All das nimmt nicht nur physischen Platz weg, sondern auch geistigen Raum.
Ein bewusster Blick auf das, was wir besitzen, kann helfen, sich von unnötigem Ballast zu befreien. Dabei geht es nicht darum, auf alles zu verzichten, sondern sich klarzumachen, was uns wirklich wichtig ist. Brauchst du wirklich fünf verschiedene Pfannen? Oder reicht eine gute? Muss der Keller wirklich als Lager für die "Falls-ich-es-irgendwann-brauche"-Kisten dienen? Wahrscheinlich nicht.
Emotionale und mentale Entrümpelung
Aber Minimalismus endet nicht bei physischen Gegenständen. Wie oft halten wir an Dingen fest, die uns emotional oder mental belasten? Alte Glaubenssätze wie "Ich muss immer für alle da sein" oder "Ich bin erst erfolgreich, wenn ich XY erreicht habe" schleichen sich in unser Leben ein und sorgen für unnötigen Stress.
Aparigraha lädt uns ein, diese Überzeugungen zu hinterfragen. Muss ich wirklich allen gefallen? Muss ich wirklich jede einzelne Nachricht sofort beantworten? Oder kann ich mir erlauben, Dinge loszulassen, die nicht mehr zu mir passen?
Das gilt übrigens auch für zwischenmenschliche Beziehungen: Nicht jede Freundschaft oder Bekanntschaft tut uns gut. Und das ist okay! Sich von Menschen zu lösen, die nur Energie rauben oder einem ein schlechtes Gefühl geben, ist genauso wichtig wie das Ausmisten der Sockenschublade.
Konsum und die Illusion von Glück
Hand aufs Herz: Wie oft kaufen wir Dinge, die wir eigentlich nicht brauchen, nur weil wir glauben, dass sie uns glücklicher machen? Neue Klamotten, die nach einmal Tragen im Schrank verschwinden. Das fünfte Paar Sneakers. Die Küchengeräte, die angeblich unser Leben revolutionieren sollen.
Aparigraha erinnert uns daran, dass echtes Glück nicht in Dingen steckt. Natürlich kann uns ein schönes neues Kleidungsstück kurz Freude bereiten – aber wenn wir unser Glück dauerhaft an Konsum knüpfen, befinden wir uns in einer Endlosschleife: kaufen, kurzes Hochgefühl, Ernüchterung, nächster Kauf.
Minimalismus bedeutet nicht, gar nichts mehr zu besitzen, sondern bewusster auszuwählen. Frage dich vor dem nächsten Kauf: Brauche ich das wirklich? Oder füllt es nur kurz eine innere Leere? Oft reicht es, einfach innezuhalten und zu reflektieren.
Fazit: Weniger Zeug, weniger Drama, mehr Freiheit
Aparigraha und Minimalismus gehen Hand in Hand. Es geht nicht darum, sich zwanghaft von allem zu trennen, sondern sich bewusst zu fragen: Was bringt mir wirklich Freude? Was brauche ich, um mich frei zu fühlen? Und was kann ich loslassen, weil es mich mehr belastet als bereichert?
Wenn du das nächste Mal in Versuchung gerätst, dein Leben mit unnötigem Ballast zu füllen – sei es materiell oder emotional –, denk an Aparigraha. Weniger ist oft wirklich mehr. Und wer weiß? Vielleicht spürst du mit jedem losgelassenen Kram oder Drama ein kleines bisschen mehr innere Freiheit.